Infos über Gebärdensprache

Gebärdensprache / Gebärdensprachdolmetscher


Eine Gebärdensprache ist eine visuell wahrnehmbare und manuell produzierte natürliche Sprache, die insbesondere von nicht hörenden und schwer hörenden Menschen zur Kommunikation genutzt wird: sie besteht aus einer Verbindung von GestikGesichtsmimiklautlos gesprochenen Wörtern und Körperhaltung. Die verschieden kombinierten Elemente werden in Sätzen und im Diskurs in einer bestimmten Reihenfolge aneinandergereiht.

Es gibt bestimmte Kulturen, in denen nicht-gehörlose Menschen ebenfalls eine Gebärdensprache benutzen oder benutzten, z. B. die weiblichen Mitglieder des australischen Warlpiri-Volksstammes und die indigenen Völker in Nordamerika. Bei taubblinden Menschen werden die Gebärden über die haptische Wahrnehmung der Handbewegung und Handformen wahrgenommen.

Gebärdensprachen, wie sie von nicht-hörenden Menschen artikuliert werden, gehören zur Typologie der stark flektierenden oder agglutinierenden Sprachen. Eine Gebärde kann aus mehreren bedeutungsträchtigen Bestandteilen oder Morphemen bestehen. Deswegen haben sie eine sehr flexible Wortfolge im Satz.

Es ist nicht sicher, wie viele Gebärdensprachen es weltweit gibt. Die Ausgabe des Jahres 2013 der Zeitschrift Ethnologue nennt 137 Gebärdensprachen.

Inhaltsverzeichnis 

Das Wesen der Gebärdensprache und deren Verhältnis zur Lautsprache[Bearbeiten]

Dieser Artikel oder Absatz stellt die Situation in Deutschland und der Schweiz dar. Hilf mit, die Situation in anderen Staaten zu schildern.

Die Gebärden werden phonologisch in vier Parametern zerlegt, die phonemisch weiter analysiert werden, in Handkonfiguration, Handorientierung, Bewegungsausführung und Ort der Bewegung. Viele Gebärden sind stark flektiert. Informationen können pronominal (durch verschiedene sichtbare Formen) in einer einzigen Gebärde eingebaut werden, z. B. die Verbgebärde, glossiert mit ICH-BUCH-GEBEN-DIR-SCHNELL schließt die Bewegungsrichtung von „ich“ nach „du“, und zwar schnell, ein und die Handkonfiguration zeigt das Halten eines imaginären Buches an. Wenn abgewandelt in der Bewegung von "du" nach "ich", ergibt DU-BUCH-GEBEN-MIR-SCHNELL. Die Gebärde kann mit anderen Handformen modifiziert werden, um anzuzeigen, was gegeben wird z. B. ein dickes oder dünnes Buch, eine Flasche, ein Fuß- oder Golfball, ein Stück Papier, einen Stapel Bücher usw. Dazu kommt noch die unterschiedliche Orientierung der Hand bzw. Hände, ob das Objekt horizontal oder vertikal übergeben wird. Insgesamt sieben Bedeutungsteile können in dieser einzigen Gebärde erkannt werden: Subjekt, Empfänger (Einzahl oder Mehrzahl), dessen Lokalität (links, rechts, nahe oder fern), Objekt, Größe bzw. Menge des Objekts, verbiales Adverb, einmal oder wiederholt. Dazu kommen gleichzeitig zusätzliche Bedeutungen durch Teile des Gesichts und Kopfbewegungen, z. B. "gerne" oder "widerwillig" kann damit gezeigt werden. Neben Flexion ist dieses in der Linguistik auch als „Inkorporation“ bezeichnet.

Wegen der Zerlegbarkeit der Gebärden und Strukturierung innerhalb des Satzes müssen Gebärdensprachen als eigenständige und vollwertige Sprachen angesehen werden. Sie können nicht, wie oft irrtümlich geglaubt, als von der Lautsprache ihrer Umgebung abgeleitet betrachtet werden. Der Name der Gebärdensprache in Deutschland, Deutsche Gebärdensprache (DGS), bedeutet nicht Deutsch in Gebärdenform, sondern Gebärdensprache, wie gebraucht von gehörlosen Sprechern in Deutschland.

Gebärdensprachen unterscheiden sich von Land zu Land und sogar auch innerhalb eines Landes. Im deutschsprachigen Raum wird die Deutsche Gebärdensprache (DGS), die Österreichische Gebärdensprache (ÖGS) und die Deutschschweizer Gebärdensprache (DSGS) verwendet. DSGS ist wiederum in fünf verschiedene Dialekte unterteilt (Zürcher, Berner, Basler, Luzerner und St. Galler Dialekte), die Schweiz wiederum kennt ebenfalls die Langue des signes Suisse romande (LSF-SR) mit fünf Dialekten sowie die Lingua dei segni della Svizzera italiana (LIS-SI) mit zwei Varietäten. Am weitesten verbreitet ist die American Sign Language(ASL), gebraucht in Nordamerika, auf karibischen Inseln außer Cuba, in Teilen von Zentral-Amerika und einigen afrikanischen und asiatischen Nationen.

Viele Gebärden der verschiedenen Gebärdensprachen sind untereinander ähnlich wegen deren ikonischen Ursprungs. Viele Flexionen in den Gebärden ähneln sich auch in fast allen Gebärdensprachen. Daher können sich gehörlose Sprecher der verschiedenen Gebärdensprachen auf Reisen oder in internationalen Veranstaltungen miteinander ziemlich gut verständigen. Das geht unter den gleichbedeutenden Bezeichnungen von "International Sign Language", "Gestuno", und "International Sign-Talk" einher.

Die Gebärdensprache soll nach Ursula Bellugi im gleichen Sprachzentrum verarbeitet werden wie Lautsprache. Daraus wird gefolgert, dass menschliche Sprache sich nicht mehr bloß als Lautsprachsystem definieren lässt.[1]

Gebärdenschrift[Bearbeiten]

Gebärdensprache hat sich bisher nicht für den Alltagsgebrauch praktikabel verschriftlichen lassen, obwohl es mehrere Ansätze dazu gibt. Für wissenschaftliche Zwecke existieren „Notationssysteme“ wie z. B. das HamNoSys (Hamburger Notationssystem)[2]; diese arbeiten z. B. mit der Zerlegung jeder Gebärde in Handform, Handstellung, Ausführungsbereich, Bewegungsausführung etc. und jeweils entsprechenden Symbol-Darstellungen. Die in Anlehnung an das englische SignWriting[3] von Valerie Sutton[4] entwickelte GebärdenSchrift findet nur bei Schülern im Landesbildungszentrum für Hörgeschädigte in Osnabrück und in Nicaragua Anwendung. Sie wird mit Erfolg ab der ersten Klasse eingesetzt.

Häufiger werden Gebärden durch Glossentranskription verschriftlicht, ein Verfahren, bei dem Einzelwörter oder mit Bindestrich versehenen Wortketten der Lautsprache als Code für Gebärden dienen, immer ausgeschrieben in Großbuchstaben. Dieses Verfahren ist recht unvollständig und kann nicht alles wiedergeben, was von Gebärden-Sprechern ausgesandt wird. Die Wortkoden sind zudem nicht immer einheitlich festgelegt.

Manuelle Kodierungssysteme für die deutsche Sprache[Bearbeiten]

Von der Gebärdensprache abzugrenzen sind die sogenannten manuell-visuellen Kodierungssysteme der deutschen Sprache:

Gebärdensprache in nationalen Gesetzen[Bearbeiten]

Es gab und gibt Anstrengungen, die Gebärdensprachen gesetzlich zu verankern. In Schweden wurde die dortige Schwedische Gebärdensprache bereits 1981 als Minderheitensprache anerkannt. Auch Uganda hat schon vor 2000 dessen Gebärdensprache verfassungsrechtlich bestätigt. Seit dem 27. Februar 2005 ist im Schweizer Kanton Zürich verfassungsmäßig anerkannt, dass die Gebärdensprache auch zur Sprachenfreiheitgehört. Das österreichische Parlament nahm im Juli 2005 die Gebärdensprache als anerkannte Minderheitensprache in die Bundesverfassung (Art. 8, Abs. 3) auf. Seit 2006 ist die Neuseeländische Gebärdensprache(NZSL) neben Englisch und Māori die offizielle Amtssprache Neuseelands.

Quelle: www.wikipedia.de

© Christopher Moeller 2015